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Radmantel mit Liedertext und Panorama

 

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Blauer Radmantel, im Stickrahmen eingespannt, Hochgebirgsszene, 2-fädiger Sticktwist in blau und grün.

05.02.2008: Mantel ist zugeschnitten, im endlich gekommenen großen 2-Meter-Stickrahmen eingespannt und schon bearbeitet. Umstände des persönlichen Lebens haben mich nicht weiter kommen lassen als bis zu diesem Foto vom ersten Drittel: Viel zu viele Umzüge und Besuche von Weihnachten bis jetzt.

24.09.2007: Schnitt erstellt, alle Stoffe vorrätig, Mantelbahnen zugeschnitten, Nadelvlies aus 100% Schurwolle bestellt, Sticktwist muss noch in passenden Farben eingekauft werden.

Die Idee

Einen Radmantel zu nähen ist eine Idee, der ich schon ein paar Jahre anhänge. In der achten Klasse hatte ich schon einmal - in Unkenntnis der meisten Prinzipien des erfolgreichen Mantelnähens - einen Halbkreis-Mantel hergestellt und ihn auch mehrere Jahre lang getragen. Schliesslich wurde meine Unwissenheit dem Mantel zum Verhängnis, und mit extrem ausgedehnten Schultern, ausgerissenen Knöpfen und durchgewetztem Rückenstoff landete das gute Stück im Müll. Trotz aller Nachteile hatte der Mantel aber auch einiges für sich: Er war warm, ich hatte keine Probleme mit zu kurzen oder zu engen Ärmeln und er war auch hochgebirgstauglich.

Bis ich meine Lehre antrat, war der Gedanke, einen neuen Radmantel zu machen, ein etwas fernerer. Aus meinen Fehlern hatte ich zwar viel gelernt, aber erst ein Rauchmantel, den die Näherinnen in der Werkstatt fertigten, liess den Wunsch wieder in eine greifbare Nähe rücken. Allerdings - man ist ja Stickerlehrling - war mir eine einfache Näherei zu wenig. Also sollte noch eine passende Stickerei mit auf den Mantel.

Die Inspiration(en)

Während meines Japan-Aufenthaltes 2004/2005 besuchte ich mit meiner Gastmutter einen Großhändler für Kimono und Zubehör. Beim Durchsehen der Stoffe fiel mir ein Kimono besonders auf: Der Stoff war dunkelblau, und darauf hatte ein Künstler direkt eine Herbstszene in grau und weiss gemalt. Der Gesamteffekt war der eines durch einen Blitz plötzlich und hell erleuchteten Seeufers.

Meine langen Bahnfahrten zur Arbeitsstelle führen durch einige Täler, in denen sich der Nebel auch noch nach Sonnenaufgang hält - die Nebelschwaden verhüllen das Tal und schweben um die Hügel, die je nach ihrer Entfernung in hellerem oder dunklerem Grau erscheinen.

Kurz nach meinem ersten Impuls, wieder einen Radmantel in Angriff zu nehmen, fand ich einen blaugrauen Mantelstoff, der sich ideal als Hintergrund für eine Nadelmalerei der vernebelten Hügel eignete. Allerdings benötigen "schwebende" Hügel, die grau auf blau ausgeführt werden, irgendwo eine Verbindung mit der Erde, sonst hängen sie schwerelos im Nichts, und die Arbeit hat keine optische "Bodenhaftung" mehr.

Als Basis für die Hügellandschaft, die es mir angetan hatte, erschien mir ein Schriftzug im Stil mittelalterlicher Rauchmäntel sehr passend. Für einen Wintermantel passt natürlich ein Wintergedicht besonders gut, und so griff ich auf das schönste mir bekannte Winterlied zurück: Ach bittrer Winter, wie bist du kalt. Eher zufällig habe ich dann auch erfahren, dass es wohl eines der ältesten uns erhaltenen deutschen Winterlieder ist.

Die Planung

Die Einzelteile "Radmantel", "Winterlandschaft im Nebel" und "Winterlied" mussten passend zusammengesetzt werden. Die folgenden Skizzen zeigen die Entwicklung meiner Gedanken zu dem Thema.

Die ersten Skizzen für einen alltagstauglichen Radmantel Die ersten Skizzen für einen alltagstauglichen Radmantel

Ein Radmantel, der sehr vom japanischen "Gewitterkimono" inspiriert ist: Ein Radmantel, der sehr vom japanischen "Gewitterkimono" inspiriert ist
Eine etwas tragbarere Version mit kleinerer Stickerei Eine etwas tragbarere Version
Die erste Idee zur Umsetzung: Konkrete Pläne zur Umsetzung des Radmantels

Und zuletzt: Das Hügel-Panorama Hügelpanorama für Radmantel

Das Material

Der Oberstoff meines Mantels besteht aus einem Angora-Schurwoll-Mischgewebe (40% Angora, 60% Schurwolle) mit einem sehr entschiedenen Strich. Ein klarer Strich ist für Wintermäntel sehr wichtig, da er wasserabweisend wirkt.

Das Futter ist aus dunkelblauem Baumwollköper, strapazierfähig und recht glatt.

Um die Stickerei und empfindliche Stellen (Schultern, Nähte, Saum) zu verstärken, wird gerne Nessel eingesetzt. Ich benutze hierfür gesammtelte Stoffreste aus vergangenen Zeiten. Wichtig ist allerdings, dass die Qualität und Dicke des Stoffes vergleichbar ist.

Innenfutter/Isolierschicht: Ursprünglich hatte ich geplant, normales Volumenvlies aus Polyester zu verwenden. Als ich aber schon aus Prinzip und Gewohnheit Baumwollgarn kaufte und ich die (lausigen) Qualitäten des Volumenvlieses sah, die in meinem Stoffladen erhältlich waren, entschied ich mich gegen Polyester. Ich hatte zwar keine Alternative, ich würde aber eine finden.

Kurzfristig spielte ich mit dem Gedanken, den Mantel mit den massiven Vorräten an Merino-Kammzug, die meine Wohnzimmerschränke belagern, zu füttern, aber die Mitglieder der Spinn-Webe Mailingliste rieten mir davon ab, da Kammzug, vor allem von Merinoschafen, einfach zu leicht filzt. Selbiges hatte ich mir auch schon gedacht, aber ich erfuhr auch, dass es mittlerweile wieder Nadelvlies gibt - auch aus reiner Schafwolle. Dieses benutze ich jetzt, um den Mantel zu füttern.

Zum Nähen benutze ich Baumwollgarn, die Stickerei führe ich mit Sticktwist und Silbergespinst (Silber-Atlas-Band) aus. Während Sticktwist überall erhältlich ist, ist Silbergespinst eher etwas für Handsticker von Fach, die mehrere Kilo auf einmal abnehmen. Meine Meisterin war so freundlich, mich 25 Meter abmessen zu lassen und mir die "Kleinmenge" dann nach Gewicht zu berechnen.

Geplante Verarbeitung

Der Schriftzug wird mit Silbergespinst in Doppeltouren ausgearbeitet, dazu kommt eine zwei- oder dreitourige "Unterstreichung", um die Stickerei nach unten abzuschliessen. Die unterste Tour Silbergespinst bildet gleichzeitig den Abschluss des breiten Baumwoll-Schrägstreifens, der den Saum des Mantels umfasst. Der Schrägstreifen ist als waschbarer Schmutzfänger gedacht, da vor allem Radmäntel leicht auf dem dreckigen Boden aufstossen oder anderen Schmutz einsammeln. Schrägstreifen-Waschen ist einfacher, als einen ganzen Mantel reinigen zu lassen.

Die Berge werden in ineinandergreifendem Plattstich in grau-blauen und bläulich-weissen Tönen ausgeführt. Einzelne Landschaftsmerkmale wie Seen und Bäume werden mit passenden Stichen in den Vordergrund gesetzt.

Um die Stofflagen von Oberstoff, Futter und Wollvlies miteinander zu verbinden, wird der Mantel mit Silberfaden abgesteppt. Auf dem Oberstoff entstehen dadurch kleine Sternchen, der Futterstoff wird nur leicht eingezogen.

Die Kapuze wird mit zwei Fuchsschwänzen bestückt; da die Kapuze durch die Länge der Schwänze sehr umfangreich wird, arbeite ich eine kleinere Innenkapuze ein, die dicht an den Kopf herangekordelt werden kann und die Überkapuze bei schlechtem Wetter "am Platz" hält.

Der Verschluss des Mantels erfolgt über Knebelknöpfe, die auf zwei extra angebrachten Laschen sitzen, um ihren Austausch zu vereinfachen und eine übermäßige Belastung des Oberstoffs zu verhüten.